Was ist der Streitwert einer Scheidung?
Der sogenannte Streitwert einer Scheidung – auch Prozess- oder Verfahrenswert genannt – spielt im Hinblick auf deren Kosten eine zentrale Rolle. Dieser Begriff bezeichnet den Wert eines juristischen Verfahrens. Grundsätzlich stellt der Wert bei einer Scheidung die Grundlage dar, anhand derer die Anwaltskosten sowie die Gerichtskosten berechnet werden.
Wie setzt sich der Streitwert einer Scheidung zusammen?
Die Scheidungskosten setzen sich aus Anwaltskosten und Gerichtskosten zusammen. Diese wiederum werden auf der Grundlage des Streitwerts der Scheidung berechnet. Da die Ehesachen zu den nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten zählen, werden gemäß § 43 I 1 FamGKG weitere Kriterien einbezogen, wenn es um die Bewertung des Verfahrenswertes geht. Dazu zählen zum Beispiel:
- die Einkommensverhältnisse der Ehegatten
- die Vermögensverhältnisse der Ehegatten
- die Bedeutung der Sache
- der Umfang des gerichtlichen Verfahrens
Anke Knauf steht Ihnen als Scheidungsanwalt in Leipzig bei einem persönlichen Beratungstermin zur Verfügung, um Ihnen all diese Aspekte ausführlich und persönlich zu erläutern. Dabei geht sie individuell auf Ihren persönlichen Fall ein und beantwortet alle Ihre Fragen.
Wie wird der Streitwert ermittelt?
Zur Ermittlung des Verfahrenswertes werden alle in § 43 I 1 FamGKG aufgeführten Kriterien herangezogen. Deshalb ist eine Gesamtschau vorzunehmen, wobei allen Kriterien gleiches Gewicht zukommt und die Besonderheiten jedes Einzelfalles zu berücksichtigen sind.
In der Regel wird der Verfahrenswert im Scheidungsverfahren wie folgt ermittelt:
Die monatlichen Nettoeinkommen beider Ehegatten werden zusammengerechnet und dann mit dem Faktor 3 multipliziert.
Dabei muss beachtet werden, dass bestimmte Faktoren Einfluss auf den Streitwert haben. So wirken sich Kindergeld und Erziehungsgeld bzw. Elterngeld einkommenserhöhend aus.
Vorhandenes Vermögen, welches die Ehegatten besitzen, kann den Streitwert ebenfalls erhöhen. Üblicherweise werden zum Streitwert 5 % vom Vermögen addiert. Allerdings räumen die meisten Gerichte den Ehegatten Freibeträge ein. Diese bewegen sich bei ca. 15.000 EUR je Ehegatte und 7.500 EUR je Kind.
Sollten Kinder aus der Ehe hervorgegangen sein, die noch unterhaltsberechtigt sind, so werden in der Regel ca. 250 EUR vom Nettoeinkommen der Ehegatten abgezogen. Der Streitwert mindert sich demnach.
Wie wirken sich Folgesachen auf den Streitwert der Scheidung aus?
Unmittelbar den Streitwert erhöhend wirken sich Folgesachen aus, über die das Familiengericht bei einer Scheidung in den meisten Fällen ebenfalls zu entscheiden hat. Folgesachen sind u. a. das Sorge- und Umgangsrecht, Unterhalt und der Zugewinnausgleich.
Sollte das Familiengericht somit neben der Scheidung noch über eine Folgesache mitentscheiden, ändert sich der Streitwert wie folgt:
- Sorge- oder Umgangsrecht: Der Streitwert wird um 800 EUR erhöht.
- Eheliche Wohnung: Der Streitwert erhöht sich um die Jahresmiete.
- Unterhalt: Zu dem Streitwert wird das Zwölffache des Monatswertes addiert.
- Hausrat: Der Streitwert steigt um dessen Wert.
- Zugewinnausgleich: Die Höhe des Betrags, der von einem der Ehegatten gefordert wird, wird addiert.
Eine Sonderstellung nimmt der Versorgungsausgleich ein, denn eine Entscheidung darüber erhöht den Streitwert um mindestens 1.000 EUR. Der Wert kann – je nach Anzahl der Anrechte – auch höher sein. Anrechte sind in diesem Fall unter anderem die betriebliche oder private Altersvorsorge oder die gesetzliche Rentenversicherung. In diesen Fällen erhöht sich der Streitwert für jedes Anrecht um 10 % des dreifachen Nettoeinkommens der Ehegatten.
Muss der gesamte Streitwert tatsächlich gezahlt werden?
Das Ergebnis der Streitwertberechnung ist nicht der Betrag, den Sie tatsächlich an Verfahrenskosten oder Anwaltskosten zahlen müssen. Zu zahlen ist lediglich ein gesetzlich festgelegter Bruchteil des Verfahrenswertes.
Gibt es eine Mindestsumme für den Streitwert der Scheidung?
Ja, es gibt bei einer Scheidung einen Mindestwert für den Streitwert. Dieser liegt bei 3.000 EUR. Weniger als diese Summe wird der Wert also nie betragen.
Wie unterscheiden sich der vorläufige und endgültige Streitwert voneinander?
Da sich im Rahmen des Scheidungsverfahrens die Höhe des tatsächlichen Streitwertes noch ändern kann, wird zur Berechnung der Gerichtskosten, die zum Teil schon vor Beginn des Scheidungsverfahrens gezahlt werden müssen, ein vorläufiger Streitwert herangezogen. Dieser vorläufige Streitwert betrachtet den Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages.
Müssen im späteren Scheidungsverfahren noch weitere Folgesachen, wie die Aufteilung des Hausrats oder Fragen des Sorgerechts, entschieden werden, verändert sich die Höhe des endgültigen Streitwertes.
Wie lässt sich der Verfahrenswert so gering wie möglich halten?
Wie unschwer zu erkennen ist, kann der Verfahrenswert bei einer Scheidung leicht in die Höhe schnellen. Um dies zu verhindern, gibt es die Möglichkeit der einvernehmlichen Scheidung.
Dabei wollen beide Ehegatten die Scheidung und haben bezüglich verschiedener Folgesachen bereits umfassende Regelungen getroffen. Dann braucht das Gericht nicht darüber zu entscheiden und der Verfahrenswert steigt nicht an.
Darüber hinaus können schon vor der Ehe Vorkehrungen für den Fall der Scheidung getroffen werden. So kann ein Ehevertrag erstellt werden, in dem der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen wird. Dadurch muss im Fall einer Scheidung nicht mehr gerichtlich darüber entschieden werden und der Streitwert erhöht sich nicht.
Sollten Sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, ist es möglich, vorab eine notarielle Vereinbarung über den Zugewinn zu treffen. In diesem Fall muss das Gericht ebenfalls nicht über den Zugewinnausgleich entscheiden.
Beispielrechnungen für den Streitwert bei der Scheidung
Zur Veranschaulichung der Berechnung des Streitwerts haben wir zwei Beispiele für Sie zusammengestellt:
Beispiel 1
Ein Ehepaar will sich einvernehmlich scheiden lassen und lebt nicht im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Ehegatte 1 verfügt über ein Nettoeinkommen i. H. v. 2.500 EUR, bei Ehegatte 2 beträgt dieses 1.500 EUR. Hinzu kommt ein Vermögen i. H. v. 25.000 EUR. Das Paar hat zwei Kinder. Somit ergibt sich folgender Streitwert bei der Scheidung:
Nettoeinkommen Ehegatte 2: 1.500 EUR |
2.500 EUR + 1.500 EUR = 4.000 EUR |
Unterhaltsberechtigte Kinder: 2 |
4.000 EUR – 500 EUR (2 x 250 EUR) = 3.500 EUR |
3.500 EUR x 3 = 10.500 EUR |
Vermögen: 25.000 EUR |
10.500 EUR + 1.250 EUR (5 % von 25.000 EUR) = 11.750 EUR |
Der Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren liegt bei 11.750 EUR.
Beispiel 2
Um zu verdeutlichen, wie erheblich sich das Einvernehmen über die Scheidung auf den Streitwert auswirkt, sind sich in diesem Beispiel die Ehegatten nicht darüber einig, wer in der ehelichen Wohnung wohnen bleiben darf. Ansonsten gleicht das Beispiel dem vorherigen.
Nettoeinkommen Ehegatte 1: 2.500 EUR |
Nettoeinkommen Ehegatte 2: 1.500 EUR |
2.500 EUR +1.500 EUR = 4.000 EUR |
Unterhaltsberechtigte Kinder: 2 |
4.000 EUR – 500 EUR (2 x 250 EUR) = 3.500 EUR |
3.500 EUR x 3 = 10.500 EUR |
Vermögen: 25.000 EUR |
10.500 EUR + 1.250 EUR (5 % von 25.000 EUR) = 11.750 EUR |
Wohnung: Miete 500 EUR/mtl. |
11.750 EUR + 6.000 EUR (500 EUR x 12 Monate) = 17.750 EUR |
Der Verfahrenswert für das Scheidungsverfahren liegt in diesem Fall bei 17.750 EUR.
Scheidungskosten in den Beispielen
Mithilfe der errechneten Verfahrenswerte werden sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltsgebühren anhand von Tabellen – aus dem Gerichtskostengesetz (GKG) für die Gerichtskosten und aus dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) für die Rechtsanwaltsgebühren – bestimmt. Daran ist deutlich zu erkennen, dass die einvernehmliche Scheidung kostengünstiger ist als die sogenannte streitige Scheidung.
Beispiel 1
Gerichtskosten in EUR: | 267 x 2 = | 534 |
Rechtsanwaltsgebühr: | 1,3 Verfahrensgebühr | 785,20 |
1,2 Termingebühr | 724,80 | |
Auslagenpauschale | 20,00 | |
Zwischensumme: | 1.530,00 | |
19 % Mehrwertsteuer | 290,70 | |
1.820,70 | ||
Insgesamt: | 2.354,70 |
Beispiel 2
Gerichtskosten in EUR: | 319 x 2 = | 638 |
Rechtsanwaltsgebühr in EUR: | 1,3 Verfahrensgebühr | 904,80 |
1,2 Termingebühr | 835,20 | |
Auslagenpauschale | 20,00 | |
Zwischensumme: | 1.530,00 | |
19 % Mehrwertsteuer | 334,40 | |
Insgesamt: | 2.732,40 | 2.094,40td> |
Wer muss den Gerichtskostenvorschuss zahlen?
Schon vor dem Prozess muss ein Gerichtskostenvorschuss gezahlt werden. Dafür kommt zunächst der Ehepartner auf, der den Antrag auf Scheidung beim zuständigen Familiengericht eingereicht hat. Allerdings sind die Gerichtskosten in der Regel von beiden Ehegatten jeweils zur Hälfte zu tragen. Die Ehegatten müssen also untereinander die festgesetzten Gerichtskosten ausgleichen.
Was ist die Prozesskostenhilfe und wann wird sie gewährt?
Sollten Ihre finanziellen Mittel nicht ausreichen, um die Verfahrenskosten für die Scheidung zu begleichen, können Sie für die staatliche Prozesskostenhilfe in Betracht kommen. Die Prozesskostenhilfe beschreibt die Übernahme von Gerichts- und Anwaltskosten durch den Staat.
Die Prozesskostenhilfe wird allerdings nur gewährt, wenn eine finanzielle Bedürftigkeit des Antragstellers vorliegt. Das wird anhand des sogenannten einzusetzenden Einkommens ermittelt. Dieses ergibt sich aus den monatlichen Einkünften des Antragstellers sowie den hiervon abzuziehenden monatlichen Zahlungsverpflichtungen und Freibeträgen.
Bei einem einzusetzenden Einkommen von weniger als 15 EUR pro Monat wird die Prozesskostenhilfe als Leistung ohne Rückzahlungsverpflichtung bewilligt. Ist das einzusetzende Einkommen höher, kommt lediglich die Leistungsgewährung als zinsloses Darlehen in Betracht.
Als weitere Voraussetzung für die Gewährung der Prozesskostenhilfe muss das angestrebte Gerichtsverfahren eine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. Dies ist bei einer Scheidung beispielsweise dann nicht der Fall, wenn die Ehegatten das für eine Scheidung notwendige Trennungsjahr nicht eingehalten haben.
Welche weiteren Kosten können bei der Scheidung auftreten?
Neben den Anwalts- und Gerichtskosten können weitere Kosten bei einer Scheidung außerhalb des streitigen Verfahrens auf Sie zukommen.
Was „außerhalb des streitigen Verfahrens“ bedeutet, ist am besten zu erklären, wenn man zunächst definiert, was das streitige Verfahren ist:
Das streitige Verfahren ist die gerichtliche Klärung eines Sachverhaltes. Als Beispiel kann die Klage auf Zahlung einer Forderung genannt werden. Außerhalb des streitigen Verfahrens bedeutet demnach die Klärung eines Sachverhalts ohne Hinzuziehung des Gerichts.
Gegenstandswert:
Bei eben diesen Verfahren, in denen das Gericht nicht involviert wird, richten sich Anwaltsgebühren nicht nach dem Streitwert, sondern nach dem sogenannten Gegenstandswert. Dieser bestimmt sich, genau wie der Streitwert, nach dem Wert des Streitgegenstandes.
Geschäftswert (Notare):
Sofern ein Notar für Sie tätig wird, etwa bei einer notariellen Beurkundung, bestimmt er sein Honorar unter anderem nach dem Geschäftswert. Der Geschäftswert richtet sich dabei nach der Bedeutung der Tätigkeit.
Was ist eine Online-Scheidung?
Von einer Online-Scheidung spricht man, wenn die dem Scheidungsverfahren vorausgehende Korrespondenz zwischen Anwalt und Mandant hauptsächlich online erledigt wird. Persönliche Treffen in der Kanzlei Ihres Rechtsanwalts für Familienrecht werden dadurch zum großen Teil überflüssig. So können Sie einiges an Zeit und beispielsweise Fahrtkosten einsparen.
Jedoch ist der Begriff auch irreführend. Denn vollständig kann das Scheidungsverfahren nicht online abgewickelt werden. Das persönliche Erscheinen der scheidungswilligen Ehegatten vor dem Familiengericht zum Scheidungstermin ist nach wie vor erforderlich.
Kontaktieren Sie uns bei Fragen zum Streitwert der Scheidung
Haben Sie vor, sich einvernehmlich scheiden zu lassen – sind also alle Folgesachen bereits geklärt –, können Sie Ihre Scheidungskosten (Streitwert und Gebühren) einfach über unseren Scheidungskosten-Rechner ermitteln.
Bei einer nicht einvernehmlichen Scheidung oder bei Fragen zum Streitwert der Scheidung wenden Sie sich gerne an uns. Wir helfen Ihnen mit unserer Expertise weiter. Vereinbaren Sie gleich einen persönlichen Termin bei der Anwaltskanzlei Anke Knauf!