Pflichtteil für Ehegatten trotz Testament – Ihr Anspruch im Überblick

Der Pflichtteil ist ein komplexes Thema im Erbrecht, das viele Fragen aufwirft. Er stellt eine bedeutende Einschränkung der Testierfreiheit dar und garantiert nahen Angehörigen wie Kindern, Ehepartnern und Eltern des Verstorbenen eine Mindestbeteiligung am Nachlass, selbst wenn dieser eine andere Verteilung des Erbes im Testament festgelegt hat. Den Pflichtteil erhält der Ehegatte trotz Enterbung im Testament. Doch wie hoch ist dieser Anspruch, und wann gilt er?

Was ist der Pflichtteil für Ehegatten?

Der Pflichtteil für Ehegatten ist ein gesetzlicher Anspruch auf einen Teil des Nachlasses, der dem überlebenden Ehepartner auch dann zusteht, wenn er im Testament weniger bedacht oder sogar enterbt wurde. Dieser Anspruch sichert dem Ehemann bzw. der Ehefrau mindestens die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, der je nach Familienkonstellation variiert. Lebt der Verstorbene beispielsweise in einer Zugewinngemeinschaft, erhöht sich der gesetzliche Erbteil des Ehegatten. Der Pflichtteil wird in Form eines Geldanspruchs ausgezahlt und beinhaltet keine Sachwerte. Ehepartner können ihren Pflichtteil aktiv einfordern, indem sie den Wert des Nachlasses ermitteln lassen. Diese Regelung schützt den Ehegatten vor vollständiger Enterbung und stellt sicher, dass ihm ein Mindestanteil am Erbe des Verstorbenen erhalten bleibt.

Der große Pflichtteil – erbt der Ehegatte trotz Testament?

Der Unterschied zwischen dem großen und kleinen Pflichtteil für Ehegatten liegt im gesetzlichen Güterstand und der Berechnungsweise des Erbanspruchs:

  1. Kleiner Pflichtteil: Dieser Anspruch basiert auf dem gesetzlichen Erbteil des Ehepartners ohne Berücksichtigung des Zugewinnausgleichs. Er greift, wenn die Ehegatten in Gütertrennung oder Gütergemeinschaft gelebt haben. Der kleine Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
  2. Großer Pflichtteil: Dieser erhöht den Pflichtteilsanspruch um einen Zugewinnausgleich. Er ist relevant, wenn der Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft lebte und kein gesonderter Zugewinnausgleich durchgeführt wurde. Der große Pflichtteil fällt damit höher aus, da er den Zugewinn einbezieht.

Egal ob kleiner oder großer Pflichtteil: Der Ehegatte erhält trotz Testament in jedem Fall seinen finanziellen Anspruch, es sei denn, bestimmte Ausschlussgründe treffen zu.

Hat das Berliner Testament Einfluss auf den Pflichtteil für Ehegatten?

Beim Berliner Testament setzen sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben ein, während die Kinder oder andere Erben erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners erben sollen. Diese Regelung dient dazu, den überlebenden Ehegatten finanziell abzusichern. Da er als Alleinerbe eingesetzt ist, entfällt für ihn ein gesonderter Pflichtteilsanspruch, da er ohnehin bereits als Haupterbe berücksichtigt wird. Durch das Berliner Testament ist der Pflichtteil des Ehegatten somit abgedeckt.

Bedenken Sie: Auch bei einem Berliner Testament bleibt der Pflichtteil für die Kinder des Verstorbenen bestehen: Sie haben das Recht, direkt nach dem ersten Todesfall ihren Pflichtteil einzufordern. Um dies zu verhindern, können Ehepartner eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel im Berliner Testament festlegen. Diese Klausel soll die Erben davon abhalten, ihren Pflichtteil frühzeitig geltend zu machen, indem sie diese im zweiten Erbfall entsprechend benachteiligt.

Wann hat der Ehegatte keinen Anspruch auf den Pflichtteil?

Ein Ehegatte hat keinen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes rechtskräftig geschieden war oder ein Scheidungsverfahren bereits eingeleitet wurde und alle Voraussetzungen für die Scheidung erfüllt waren.

Eine Entziehung des Pflichtteils für Ehegatten kann nur in Ausnahmefällen erfolgen, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen. Diese sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und umfassen etwa schwere Verfehlungen gegen den Erblasser oder nahe Angehörige, wie eine schwere Straftat oder eine erhebliche Verletzung von Unterhaltspflichten. Ohne Erfüllung dieser Bedingungen bleibt der Anspruch auf den Pflichtteil für den Ehegatten bestehen, trotz anderslautendem Testament.

Sie beschäftigen sich mit den Themen Testament und Enterbung? Dann sollten Sie juristischen Rat einholen, damit die Angelegenheiten rechtssicher und in Ihrem Interesse geregelt werden. Wenn Sie hierzu mehr erfahren möchten, kann Ihnen ein Anwalt für Erbrecht in Leipzig weiterhelfen. Nehmen Sie gerne Kontakt zu unserer Kanzlei auf!

Den Pflichtteil für den Ehegatten trotz Testament geltend machen

Falls der Pflichtteil für den Ehegatten im Nachlass nicht berücksichtigt wurde, müssen Sie den Anspruch innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Jahren geltend machen. Hierfür ist es sinnvoll, sich über den genauen Ablauf und die benötigten Unterlagen zu informieren.

Schritte zur Durchsetzung des Pflichtteilsanspruchs:

  1. Kontaktaufnahme mit dem Nachlassgericht oder den Erben
  2. Einsicht in die Erbmasse und Berechnung des Pflichtteils
  3. Schriftliche Geltendmachung des Anspruchs innerhalb der Frist

Wenden Sie sich für Unterstützung diesbezüglich gerne an Rechtsanwältin Anke Knauf.

Rechtliche Beratung zum Pflichtteil: Erbt der Ehegatte trotz Testament?

Der Pflichtteil steht dem Ehegatten trotz Testament zu, auch wenn dort abweichende Erbwünsche geregelt sind. Er ist eine Absicherung für nahe Angehörige und der Gesetzgeber sieht hohe Hürden vor, damit der Pflichtteilsanspruch entzogen werden kann. Wenn Sie Fragen zum Erbrecht haben oder Unterstützung bei der Durchsetzung Ihres Anspruchs wünschen, hilft Ihnen die Anwaltskanzlei Anke Knauf in Leipzig gerne weiter. Vereinbaren Sie einen Termin und lassen Sie sich umfassend beraten!

 

 

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